so as to form surfaces

part of
Habitat, A Group Exhibit in Several Parts
curated by Vanessa Joan Müller

Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf
2011

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Katrin Mayer's work for the Béton Brut building of the Kunstverein will stage an encounter of differing, interrogate concepts and narrations of space. When Gottfired Semper defined in his "Principle of dressing" (1869) the essence of architecture as its covering layer rather than its material structure, he reversed the hierarchial order where cladding is secondary to structure. For him the texture of a woven mat symbolized the origin of architecture. Elsewhere it is said, that weaving, braiding and knot tying were skills the Navajo Indians learnt from a deity called Spider woman. Also the String Game, as a way of helping them think. "You learn to think when you make these...If you can think well, you won't get into trouble or get lost."
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Vier gewebte Strukturen aus in Bahnen geschnittener und gefalteter, weißer Makulatur-Tapete hängen wie Raumteiler im Kunstverein. Sie sind aus Makulaturpapier gefertigt, einem Trägermaterial, das unter Tapetenbahnen geklebt wird. Es gilt als minderwertiges Material, hat aber tragende Funktion.

Katrin Mayer verbindet im Rückgriff auf dieses Material, das die semantische Konnotation von etwas obsolet Gewordenem trägt, Überlegungen zur Architektur als besonderer Form der Ummantelung, als gleichsam gewebte Hülle, mit einer eigenen Form konzeptueller Handarbeit. Ausgehend von den Schriften von Gottfried Semper (1803-1879), der in Die vier Elemente der Baukunst die These aufstellt, der Teppich als „Vertikalwand“ stelle die Grundform der Baukunst dar, entfaltet sie ein visuelles wie diskursives Flechtwerk aus Überlegungen zum Verhältnis von Wand und Gewand, der Figur des Webens und des Fadenspiels. Für Gottfried Semper stellen Flechtwerke und Matten die ersten Raum bildenden Elemente dar, auch wenn dadurch die in der Baukunst vorherrschende Rede von der Steinwand in ihrer Festigkeit und ihrem strukturierten Aufbau in den Hintergrund tritt. Über das Gewebe stellt Semper überdies eine anthropologische Gleichung von Wand und Gewand auf und erklärt alle linear-geometrische Ornamentik beim Bauen aus der Webvariation von Kette und Schuss. Wand wie Gewand würden dazu dienen, den Menschen vor Wetter, Feinden und Blicken zu schützen. In der Architektur ist die (gewebte) Oberfläche deshalb selbst strukturbildend statt bloß den eigentlichen Gebäudekern zu maskieren. Diese ungewöhnliche These bildet eine wichtige Grundlage für eine feministische Neulektüre der abwertenden Assoziation des Weiblichen mit dem Ornamentalen, wie sie Adolf Loos um 1900 formulierte. Auch die damit verbundenen ästhetischen wie ideologischen Polarisierungen von Innen und Außen, Schein und Sein, autonome Schöpfung und Dekoration erhalten im Rückgriff auf Semper eine neue Interpretation.*

Katrin Mayer hat in die selbst wie eine Wand im Raum figurierenden Flechtwerke Textfragmente eingewebt, die aus Sempers 1853 entstandener Abhandlung Symbolik des Tragens und Stützens im Conflicte stammen. Dabei handelt es sich um Fragmente von Manuskript-Transkriptionen, die alle Ausstreichungen, Zusätze und Umschreibungen dokumentieren und so eine eigenständige Textur aus Schrift und Bild ergeben.
Andere Kopien zeigen Figuren aus dem traditionellen Fadenspiel, so genannte String Figures, die in der Kultur der Navajo-Indianer, aber auch bei den Maori eine wichtige Rolle spielen. Das Fadenspiel gilt als weibliche Beschäftigung – wie auch das Weben als Kulturtechnik weiblich konnotiert ist. Das Fadenspiel wird von den Frauen bei den Maori praktiziert, um ihre Fingerfertigkeit für das Weben zu trainieren. Es ist eine kollektive Aktivität, die auf dem Prinzip der Nachahmung basiert. Katrin Mayers Bildmaterial stammt aus dem Internet, das selbst eine sich fortschreibende Matrix ist. Das Lochkarten-Prinzip der ersten Computer wurde übrigens ebenfalls aus der Technik des Webstuhls entwickelt.

In Katrin Mayers Arbeit fallen Display und Werk in eins: die Ausstellung des Materials ist mit diesem so verwoben, dass es keine Differenz zwischen Präsentation und Präsentiertem, dem Ausstellen und dem Ausgestellt-Sein mehr gibt. Selbst die Handarbeit, in der die gewebten Papierteppiche hergestellt wurden, spiegelt sich in den Händen beim Fadenspiel, die als Bild Teil dieser „vertikalen Wände“ sind.

* Zu Gottfried Semper und Adolf Loos vgl. den Aufsatz VorWand von Hanne Loreck:

http://www.hanneloreck.de/texte2003/loreck_vorwand.pdf

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